Leiden deutsche Familien unter Zeitnot?
Deutschlands Familien leiden unter Zeitnot, Eltern reiben sich zwischen Beruf und Privatleben auf. Eine aktuelle Studie zeigt jetzt, wie stressig die Menschen ihr Leben empfinden: Die meisten wollen mehr Zeit mit ihren Liebsten verbringen - schaffen es aber nicht. Vater, Mutter, Kinder, Oma, Opa alle sollen idealerweise unter einem Dach zusammen leben: Doch leider ist diese Wohnform in Deutschland ungewöhnlich geworden, für viele Deutsche bleibt sie dennoch ein großer Wunsch.
Warum gibt es keine Zeit für die Familie?
Die Deutschen haben laut einer Umfrage große Schwierigkeiten, Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bekommen. Das zeigen die Ergebnisse der Vorwerk-Familienstudie. Viele Eltern haben demnach das Gefühl, sich auch nach Feierabend nicht auf ihr Privatleben konzentrieren zu können. Zahlreiche Mütter fühlen sich zwischen Kindern, Haushalt und Beruf aufgerieben. Der Wunsch nach viel gemeinsamer Familienzeit ist groß, kann aber selten verwirklicht.
Für die repräsentative Studie wurden insgesamt 1.617 Personen ab 16 Jahren durch Mitarbeiter des Institutes für Demoskopie Allensbach in persönlichen Gesprächen befragt. Der Untersuchung zufolge gilt bei einer großen Mehrheit der Deutschen die Familie, die viel Zeit miteinander verbringt und gemeinsame Unternehmungen macht, als erstrebenswert - 83 Prozent bezeichnen dies als ihr Ideal. Tatsächlich gaben aber nur 28 Prozent an, viel Zeit für ihre Familie zu haben.
Wer eine Stunde Zeit am Tag zusätzlich hätte, würde diese trotzdem nicht zwangsläufig mit der Familie verbringen. Dies würde nur ein Viertel (26 Prozent) der Befragten tun - 44 Prozent würden dagegen die Stunde für sich selbst nutzen. Besonders ausgeprägt ist dieser Wunsch bei Frauen zwischen 45 und 59 Jahren, von denen fast zwei Drittel angaben, die Zeit allein verbringen zu wollen.
Frauen übernehmen meiste Arbeit im Haushalt
Die Zeitnot mag auch damit zusammenhängen, dass ein erheblicher Anteil der Befragten nach Dienstschluss nicht von Arbeit unbehelligt bleibt. 29 Prozent sagten, auch nach Feierabend arbeiten oder für Vorgesetzte oder Kunden erreichbar sein zu müssen. Darunter leiden insbesondere leitende Angestellte sowie höhere Beamte (47 Prozent) und Selbständige (41 Prozent).
Bei berufstätigen Müttern, die oft in Teilzeit beschäftigt sind, ist die Belastung anders gelagert: Sie haben eher Probleme, Haushalt, Beruf und Kinderbetreuung zu bewältigen. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) gab an, in der Freizeit nur noch selten entspannen zu können. Bei den berufstätigen Vätern lag dieser Anteil bei 49 Prozent.
Von einer gleichberechtigten Aufgabenteilung im Haushalt, die mehr als zwei Drittel der Befragten als wünschenswert ansehen, sind die Familien weit entfernt. Nur in 31 Prozent der Haushalte werden demnach die Aufgaben gleichmäßig verteilt.
Gemischte Reaktionen auf „Leihgroßeltern“ und „Großelternzeit“
54 Prozent der Befragten und 66 Prozent der berufstätigen Frauen glauben, mehr Leute würden Kinder bekommen, wenn es bessere Betreuungsmöglichkeiten gäbe. Entlastung für Familien könnten etwa so genannte Leihgroßeltern bieten - Senioren, die Kinder fremder Familien betreuen. Prinzipiell halten dies zwei Drittel der Befragten für sinnvoll. Aber gerade mal ein gutes Drittel der Leute über 45 kann sich vorstellen, selbst Leihoma oder -opa zu werden. Und nur 30 Prozent der Eltern mit Kindern unter 14 würde den Nachwuchs an Leihgroßeltern abgeben.
Verhalten sind die Reaktionen auch beim Modell der „Großelternzeit“, einer Idee von Familienministerin Kristina Schröder. Bei diesem Modell arbeitet Oma oder Opa weniger oder für einige Monate gar nicht, um sich um Enkel zu kümmern. 40 Prozent der Befragten können sich dies vorstellen, 44 Prozent nicht. Unter Großeltern, die bereits jetzt ihre Enkel betreuen, ist die Akzeptanz besonders hoch: 24 Prozent würden „bestimmt“, 27 Prozent „vielleicht“ in Großelternzeit gehen.