Urlaubmachen für Demenzkranke
Verreisen mit einem Demenzkranken - das trauen sich Angehörige oft nicht zu. Doch mit Hilfe spezialisierter Veranstalter ist der gemeinsame Urlaub machbar. Viele Angebote werden sogar von den Pflegekassen bezuschusst. Für Demenzkranke wäre ein Urlaub ein wunderschönes Erlebnis, wenn sie während der Urlaubszeit gut betreut werden könnten.
Fünfmal mit erkrankter Tante im Urlaub
Siglinde Uhlein war mit ihrer erkrankten Tante schon fünfmal gemeinsam im Urlaub - im bayerischen Bischofsheim, wo eine Tagungsstätte das Angebot auf Demenzkranke und deren Angehörige zugeschnitten hat. Während ihre 79-jährige Tante mehrere Stunden täglich von Fachpersonal betreut wurde, unternahm Siglinde Uhlein Ausflüge, ging schwimmen oder ins Café. Die Aufenthalte haben es ihr ermöglicht, „einfach mal durchatmen zu können und Kraft zu tanken.“ Auch ihrer Tante tat der Urlaub gut. Sie war wacher und aufgeweckter, redete mehr als sonst.
Das Urlaubsangebot ist im Rahmen eines Modellprojekts entstanden, um pflegende Angehörige zu stärken. Uhlein wurde während des Aufenthalts nicht nur entlastet, sondern auch für den Umgang mit ihrer erkrankten Tante geschult. Sie und die anderen Angehörigen erfuhren, welche praktischen und finanziellen Hilfen sie im Pflegealltag bekommen können. Und sie wurden in Vorträgen über die Krankheit informiert. „Viele von uns wussten vorher noch zu wenig darüber“, sagt Uhlein. Sie fühlte sich nach dem ersten Aufenthalt so gut gewappnet, dass sie entschied, ihre Tante zu sich zu nehmen. Die Verwandte hatte bis dahin in einer Demenz-WG gewohnt.
Eine Veränderung - immer auch eine Herausforderung
Auch im Landhaus Fernblick in Winterberg können Demenzkranke und deren Angehörige ihre Ferien verbringen. Hier wird auch den Demenzkranken etwas geboten: Sport und Ausflüge in die Natur. Hauptsächlich gehe es aber darum, sie gut zu betreuen, während die pflegende Person sich erholt - ähnlich wie bei Siglinde Uhleins Reisen. „Im Mittelpunkt stehen bei uns die Angehörigen“, sagt der Leiter Andreas Frank.
Einige Veranstalter bieten sogar Fahrten an, die Demenzkranke ohne ihre Bezugsperson antreten. Frank empfiehlt, solche Angebote genau zu prüfen: „Der Glaube, dass dementen Menschen jede Reise grundsätzlich Freude macht, ist eine Verkennung des Krankheitsbildes. Eine Veränderung ist immer auch eine Herausforderung für die Betroffenen.“ Seriöse Anbieter zeichnen sich laut Frank dadurch aus, dass sie Fachpersonal beschäftigen, vorab über die Möglichkeiten zur Erstattung aufklären und in Vorgesprächen die Krankheitsgeschichte gründlich erfragen.
Was viele Angehörige nicht wissen: Die Pflegekassen bezuschussen solche und ähnliche Urlaubsaufenthalte. Pflegende Angehörige können die sogenannte Verhinderungspflege beantragen, um während der gemeinsamen Ferien Zeit für sich selbst zu haben.
Wunderschöne Erlebnisse für die Kranken
Bei guter Betreuung kann ein Urlaub für Demenzkranke ein schönes Erlebnis sein, glaubt Corinna Herrmann, Pflegedienstleiterin im Berliner Altersheim Seniorendomizil an der Panke. Das Seniorenwohnheim organisiert jährlich eine Fahrt nach Mallorca für die Bewohner, viele nehmen trotz Demenz teil: „In unseren Augen ist das kein Hindernis“, sagt sie. Die Senioren würden von Fachkräften betreut, die ihnen oft schon aus dem Alltag im Heim vertraut sind, „das gibt die nötige Sicherheit.“
Außerdem werden die Urlauber und deren angehörige vor der Reise konkret nach ihren Bedürfnissen und Wünschen gefragt. Genau wie andere Urlauber dürfen sie ihre Präferenzen äußern. So genießen die Demenzkranken das Programm: Tage am Meer, Paella essen. Manche von ihnen vergessen dabei, in einem fremden Land zu sein. „Dann fragen sie morgens: ,Wo sind wir hier?‘ Aber die Sonne zu spüren und die Füße in den Sand zu stecken - das sind trotzdem wunderschöne Erlebnisse für sie“, sagt Herrmann. Es sei unwichtig, ob sie sich später daran erinnern werden. „Es geht um ihr Leben im Hier und Jetzt.“